Von Wunder und Verwundung

Gestern und heute hatten wir wunderbares Wanderwetter. Es hatte ja geregnet. Oft war es bewölkt. Die Temperaturen zwischen 20 und 29 Grad. Es macht Freude zu Pilgern. Die Wege des Jakobweges sind meist von bezaubernder Schönheit.

Aber auch die andere Seite der Realität begegnet uns. Bis jetzt haben wir die Warnschilder vor dem Eichenprozessionsspinner an zwei Wegstrecken gesehen. Wunder und Verwundbarkeit liegen so nahe beisammen.

Wir übernachten in Backnang. Das Gasthaus hat eine freundliche und familiäre Atmosphäre. Es liegt außerhalb des Zentrums in einem Industriegebiet. Entlang der Straße zur Innenstadt sehen wir eingezäunte Flächen mit Schildern “Betreten verboten“. Die Häuser sind heruntergekommen. Die Menschen, die uns begegnen, haben Migrationshintergrund und leben sichtbar in ärmlichen Verhältnissen. Die Gäste, die mit uns im Gasthaus sind, scheinen mir Wohnungslose zu sein. Umso wichtiger, dass es da dieses menschenfreundliche Gasthaus gibt.

Überhaupt: Da wir in preiswerten Unterkünften übernachten, bekommen wir Kontakt zu uns sonst fremden Milieus. In zwei unserer Unterkünfte waren außer uns Monteure untergebracht und andere Arbeiter, die von Montag bis Freitag im Gasthaus übernachten und dann von Freitag mittag bis Montag früh bei ihren Familien sind. Auch die Straßenarbeiter, die wir an den heißesten Tagen auch in der Mittagszeit gesehen haben, gehören dazu. Sie kommen aus den neuen Bundesländern.

Diese Skulptur, die ich in Weissach entdecke, gefällt mir sehr gut. Ich sehe darin Güte, ein weites Herz, Erfahrenheit und Verletzlichkeit. Welche Erfahrungen, Verwundungen und Hoffnungen hat der Künstler hier hineingearbeitet?

Und weiter geht's hin zu unserem Etappenziel Winnenden. Die Landschaft ist weiterhin und immer wieder bezaubernd. Und auch Winnenden muss durch die Amoktat in einer Schule mit einem Trauma und einer verwundeten Gemeinschaftsseele leben. Ich wünsche der Stadt von Herzen, dass sie weiterhin Wege der Heilung findet.

Und heute, als wir diesen Weg gehen, erfahren wir vom größten und schönsten Wunder, das uns geschenkt wird:

A child is born.

Uns ist ein Kind geboren. 

Praise the Lord, praise holy Goddess.

Es möge gesegnet sein samt allen, die es lieben und begleiten.