Von Wald und Wiesen, Hitze und Hetze

Heute wird es heiß werden. Wir brechen für unsere Verhältnisse früh auf. Der Morgen schenkt uns seine schönste Stimmung. Wir laufen an Windrädern vorbei, die mich immer hoffnungsvoll stimmen, und dann an Wiesen, die mit vielfältigen Blumen und einem Insektenreichtum beglücken. Es fliegt, summt und krabbelt und angesichts des Insektensterbens freue ich mich über Fliegenbelästigungen.

Den sonnigen Teil laufen wir in der Frühe. Ab 10 Uhr sind wir im Wald.

Es ist unsagbar angenehm, im Wald zu laufen. Die Hitze dringt hier nicht durch, es ist schattig und immer rascheln Blätter und wir spüren einen leichten Wind.

Allerdings sind Spuren der Trockenheit unübersehbar. Insbesondere Nadelbäume sind ganz oder teilweise vertrocknet. Wie lange wird das wundervolle Ökosystem Wald der Klimaerhitzung etwss entgegen setzen können?

Und angenehme Pausenorte schenkt der Wald.

Wir erreichen unser Etappenziel Schrozberg. Nun schlägt die Hitze zu, da es auf dem Weg keine Bäume gibt. Ich denke dankbar an die mächtigen Bäume in Kreuzberg, vor allem in der Reichenberger Straße. Hier sind in der Mittagszeit scheinbar nur wir und Straßenarbeiter draußen. Sie drängen sich in einem knappen Schattenplatz und essen Wassermelone.

Unsere Unterkunft ist ein umgebautes Krankenhaus. Die Betreiberin ist sehr freundlich. Außer Pilger*innen sind hier Monteure und Wanderarbeiter untergebracht, sonst könnte sich dad Haus nicht halten. Im Gästekühlschrank sehe ich Mengen an Wassermelonen. Auch hier bekommen wir von den Herausforderungen einer strukturschwachen Gegend erzählt. Vieles wird tapfer und engagiert gemeistert. Die Kirche ist offen, auch hier begrüßt auf dem Vorplatz die Statue eines Jakobspilgers. Und ein Café ist geöffnet, Qualität vom Allerfeinsten, sehr zugewandte Betreiberinnen und ein Kommumikationsort im Dorf. Für uns ist es so deutlich, wie wichtig diese Orte sind, und ich wünsche ihnen so viel Resonanz, dass sie sich halten können, auch dss chinesische Bistro gegenüber, in dem ich gerade sitze und das mit großer Selbstverständlichkeit auf unsere vegetarischen Wünsche eingeht.

Und dann begegne ich auch heute einem “Wutbürger“, Wut auf die da oben, die sich überhaupt nicht kümmern, Wut auf die Geflüchteten, wegen derer er seine Enkelin niemals allein ins Freibad lassen wird. Wut auf die da oben, weil die nichts dagegen tun...

Ich finde ja, dass Wut und Empörung ganz hilfreiche Energien sein können und habe selbst eine Menge davon. Es ist jedoch nötig, Zusammenhänge zu erkennen, sich immerfort zu bilden und sie dann an die angemessene Stelle zu richten. Das wünsche ich meinem Gesprächspartner sehr, vielleicht wäre es auch gut, das erhitzte Gemüt im Freibad abzukühlen und zu schauen, ob sein Bild von den Geflüchteten wirklich zutrifft. Und Pilgern im Wald wünsche ich ihm. Es wird auch “Waldbaden“ genannt. Jedenfalls ein Geschenk für Einheimische und Gäste.